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Frisches Gartengemüse im Winter: Was ist möglich – und was nicht?

Frisches Gartengemüse im Winter - Korb voll frischem Grünkohl, Wirsing, Rosenkohl und Brokkoli

Das Kartoffelbeet ist abgeerntet, die Tomatenpflanzen sind auf dem Kompost gelandet und die Blätter werden langsam gelb. Wer in dieser Zeit irgendwo zwischen Ende September und Oktober im Gemüsegarten den kompletten Winterschlaf einläuten will, limitiert sich unnötig. Denn mit etwas Geschick und Technik sind fast ganzjährige Aussaat und Ernte möglich.

Aus der Hortica Mediathek

Warum ist das Winterhalbjahr schwierig für Pflanzen?

Hauptgrund, warum Gärtnern nach Ende der offiziellen Saison schwieriger ist, sind verschiedene physikalische, biologische und chemische Wechselwirkungen aufgrund der winterlichen Licht- und Witterungsbedingungen – sie alle gehen von der erheblich tieferstehenden Sonne aus:

  1. Flachere Einstrahlwinkel: dadurch stärkere Sonnenlichtstreuung und -abschwächung.
  2. Kürzere Tageslichtphasen mit verminderter Photosynthese.
  3. Stark verringerte Temperaturen mit weiteren Auswirkungen auf Photosynthese sowie Pflanzenstoffwechsel.
  4. Bedrohliche Fröste durch das Ausdehnen von Eis.
  5. Schlechtere Wasserverdunstung: Mögliche Feuchteschäden für die Wurzeln sowie allgemein reduzierter Nährstofffluss in der Pflanze.

Deshalb hier schon eine Warnung: Wintergemüse wächst erheblich langsamer, kann zwar geerntet werden, aber vielfach gibt es ohne Hilfsmittel kein nennenswertes Nachreifen.

Wintergemüse im Freiland: Klassiker ohne großen Schutz

Beginnen wollen wir mit der einfachsten Lösung, die zudem auf die mit Abstand längste Geschichte zurückblickt: Die winterliche Freilandzucht im herkömmlichen oder Hochbeet. Grundlage dafür sind lediglich Pflanzen, die mit den ärgsten Erschwernissen des Winterhalbjahres zurechtkommen.

Typische Winter-Freilandkulturen

  • Heimische Kohlsorten: Etwa Grünkohl, Rosenkohl oder Wirsing. Viele davon schmecken sogar erst dann, wenn sie richtig tiefe Temperaturen überstanden haben.
  • Wurzelgemüse: Pastinaken, Schwarzwurzel, Topinambur und Co. können selbst scharfen Frost im Boden überleben.
  • Lauch: Wenn im Juli/August gesetzt, kann er, aufgrund seiner Frosthärte, bis fast zum Winterende geerntet werden.
  • Feldsalat und Postelein: Diese Wintersalat-Klassiker wachsen auch an den kürzesten Tagen noch – wenn auch langsam.
Frisches Gartengemüse im Winter - Grünkohl (Brassica oleracea var. sabellica)
Mit Grünkohl sorgen Sie auch im Winter für frisches Gartengemüse.

Im Freilandbeet überleben nur die härtesten Sorten. Unbedingt hilfreich ist es, die Pflanzen vor scharfem Wind und den Boden vor Frost zu schützen. Letzteres geht durch üppiges Mulchen sowie den Einsatz von Vlies.

Aufsetzkästen: Etwas Schutz für mehr Ertrag

Erfahrene Gärtner wissen, dass geringste Änderungen einen sehr großen Effekt haben können. Das gilt auch für wenige Grade Temperaturunterschied, weniger Wind und besserer Nässeschutz. Damit befinden wir uns im Bereich der Aufsetzkästen, auch als Frühbeete bekannt: Gekaufte oder selbstgebaute Systeme mit Holz- oder Metallrahmen und einer transparenten Abdeckung aus Glas, Kunststoff oder Folie – Mini-Gewächshäuser, die sich sehr flexibel einsetzen lassen und durch den Rundumschutz selbst an kalten Tagen die Sonnenwärme maximieren.

Neben dem Nutzen für winterliche Gemüseernten sind die Kästen auch großartige Helfer, um am Winterende einen teils mehrwöchigen Vorsprung für die Frühjahrssaison zu erhalten.

Typische Winter-Aufsetzkastenkulturen

  • Feldsalat, Spinat, Winterportulak sowie Asiasalate, etwa Mizuna oder Pak Choi.
  • Radieschen, um sie im Spätherbst oder Vorfrühling genießen zu können.
  • Kräuter zwischen Petersilie und Schnittlauch – hier allerdings eher zur Überwinterung denn als Erntegarant. Ausnahme ist die sehr widerstandsfähige und wachstumsfreudige Kresse.
Salat im Frühbeet
Salate im Frühbeet

Wichtig: Bleiben die Kästen dauerhaft geschlossen, droht innen Schimmelgefahr. Und natürlich ist dann Gießen notwendig.

Gewächshäuser: Ernten fast das ganze Jahr

Was die Multifunktionalität über das ganze Jahr sowie die Menge der möglichen Winterernte anbelangt, ist ein vollständig geschlossenes, begehbares Gewächshaus die vielfältigste und komfortabelste Lösung. Ein Grund dafür ist, dass sich Gewächshäuser – ähnlich wie Aufsetzkästen – passiv nutzen lassen, aber aufgrund des großen Raumes ebenso die Möglichkeit bieten, aktiv durch Wärme- und/oder Lichtunterstützung einzugreifen.

Typische Winter-Gewächshauskulturen

  • Wintersalate wie Winterkopfsalat, Endivien oder Feldsalat.
  • Spinat, Mangold und Wintererbsen.
  • Kräuter wie Schnittlauch, Petersilie und Koriander. Mittels Zusatzheizung sind sogar mediterrane Kräuter wie Basilikum möglich.
  • Frühstartkulturen wie Radieschen, Kohlrabi, diverse Pflücksalate und sogar Frühkartoffeln. Ebenfalls mittels Zuheizung sogar Tomaten und Paprika.
Frisches Gartengemüse im Winter - Junger Kohlrabi im Gewächshaus
Junge Kohlrabipflanzen im Gewächshaus

Zudem bietet das Gewächshaus genügend Platz, um dem winterlichen Lichtmangel zu begegnen – mit Wachstumsleuchten. Da sie heutzutage auf LED-Technik basieren, sind die laufenden Kosten vernachlässigbar. Selbst wenn keine (teurer zu betreibende) Gewächshausheizung genutzt wird, ist der Unterschied spürbar, vor allem bei den Wintergemüsesorten. Sie reagieren auf nur wenige Stunden Extralicht täglich sehr dankbar.

Aussaat- und Pflanzzeiten sowie Tipps für Neu-Wintergärtner

Kommen wir nun zur Praxis des winterlichen Gärtnerns. Da sollten Gartenfreunde gleich eine wichtige Grundregel kennen:

„Was im Winter geerntet werden soll, wird im Sommer oder Frühherbst ausgesät. Das eigentliche Wachstum geschieht in der Regel vor dem ersten Frost. Danach sind unbeheizte, nicht zusätzlich beleuchtete Beete/Gewächshäuser prinzipiell nur „Lagerorte“.“

Grundsätzlich beginnt die „Vorwintersaison“ je nach Pflanze zwischen Juli und September. Dabei gilt, je früher die Saat bzw. der Setzling in die Erde kommt, desto mehr Zeit hat er, um noch kräftig auszutreiben. Bitte jedoch nicht nur auf die Angaben zur Pflanze achten, sondern ebenso das aktuelle Klima. Einige Sorten mögen zu große Spätsommer- bzw. Frühherbsthitze gar nicht.

Daneben gelten immer folgende Tipps:

Wurzelschutz

Insbesondere die Pflanzenwurzeln gegen Frost schützen. Nötigenfalls durch eine isolierende Schneeschicht.

Lichtoptimierung

Den Bewuchs der Umgebung ggf. zeitnah zurückstutzen, damit die tieferstehende Sonne nicht auch noch durch kahle Äste oder gar immergrüne Gewächse weiter gebremst wird.

Planung

Mittels Gartenplan alles geschickt timen, damit Winterernte und Frühjahrsvorbereitung kombiniert werden.

Bewässerung

Im Freiland stets nur an frostfreien Tagen und bei großer Trockenheit mit kaltem Wasser gießen. Bei Pflanzen im Aufsetzkasten und Gewächshaus das Wasser vorher möglichst auf Zimmertemperatur bringen.

Gießkanne im Garten
Wer auch im Winter frisches Gartengemüse ernten will, sollte mit Bedacht zur Gießkanne greifen.

Anordnung

Höhere Pflanzen eher am nördlichen Ende von Beet und Gewächshaus setzen, damit sie niedrigeres Gemüse nicht abschatten.

Tipp: Heizen bringt bei echten Wintersorten nur dann etwas, wenn zusätzliches Kunstlicht bereitgestellt wird. Andernfalls ist die Naturlichtmenge zwischen Mitte November und Mitte Februar zu gering. In der Folge wird das Blattgewebe zu weich (= „matschiges“ Gemüse) und die Gefahr für Verpilzung steigt überproportional.

Häufig gestellte Fragen

Muss ich Wintergemüse im Beet gießen?

Im Freiland fast nicht, da die Verdunstung im Erdreich und in der Pflanze durch die kühlen Temperaturen stark reduziert ist. Nur bei längeren Trocken- sowie Kaltfrostperioden ist Gießen nötig.

Wächst Gemüse auch im tiefsten Winter noch weiter?

Nein. Selbst die winterharten Sorten stellen zwischen zirka Mitte November und Januar das Wachstum aufgrund von Lichtmangel weitgehend ein. Sie bleiben aber dennoch frisch und genießbar.

Bringen Wachstumslampen etwas?

Ja, zumindest helle, gut positionierte Exemplare. Denn sie vermindern die Auswirkungen des Tageslichtmangels beträchtlich. Am besten so timen, dass die Pflanzen morgens und abends es auf je zwei bis drei zusätzliche Lichtstunden bringen.

Autor
Mirko ist zwar studierter Anglist, beherrscht aber auch die Sprache der Pflanzen perfekt. Er wuchs quasi im Schrebergarten seiner Großeltern auf und verbringt den Großteil seiner Freizeit in der Natur, wenn er nicht gerade schreibt.
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